Grundlagenermittlung als Planerleistung im Bauwesen

Bedeutung der Grundlagenermittlung

Die Grundlagenermittlung ist die erste und vorlaufende Planerleistung im Bauwesen und definiert den Rahmen für alle weiteren Leistungsphasen. Ziel ist es, Ziele, Anforderungen und Randbedingungen des Bauvorhabens eindeutig zu klären und ein belastbares Fundament für Entwurf, Planung und Kostenrahmen zu schaffen.

Dazu werden alle relevanten Informationen systematisch erhoben, geprüft und ausgewertet. Das Ergebnis ist ein klares, abgestimmtes Projektverständnis, das Planungsrisiken reduziert und spätere Änderungen minimiert.


Kernaspekte der Grundlagenermittlung

  1. Klärung der Aufgabenstellung

    Zu Beginn werden die Bedürfnisse, Ziele und Prioritäten des Auftraggebers erfasst. Dazu gehören insbesondere:

    – grundsätzlicher Projektumfang (Art, Größe und Nutzung des Vorhabens),

    – gewünschtes Qualitätsniveau (Ausstattung, Gestaltungsanspruch, Komfort),

    – funktionale Anforderungen (erste Raum- und Funktionszusammenhänge in Grundzügen),

    – Terminziele (Zeitfenster, Meilensteine, Inbetriebnahmetermine).

    Das Ergebnis ist eine präzisierte Aufgabenstellung, die die Grundlage für Bedarfsplanung, Entwurf und Kostenrahmen bildet.

  2. Analyse der Rahmenbedingungen

    Im nächsten Schritt werden die baulichen, rechtlichen, technischen, ökonomischen und ökologischen Einflussfaktoren systematisch geprüft. Dazu zählen unter anderem:

    – Bauordnungsrecht und planungsrechtliche Zulässigkeit (Bebauungsplan, Innen-/Außenbereich, Sonderregelungen),

    – einschlägige technische Regelwerke und Normen,

    – Förderkulissen und regulatorische Anforderungen (z. B. Energie, Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit),

    – wirtschaftliche Rahmenbedingungen einschließlich Lebenszykluskosten.

    Ziel ist, die Randbedingungen des Projekts transparent zu machen und frühzeitig Chancen und Restriktionen zu erkennen.

  3. Standortanalyse

    Die Lage- und Standortbedingungen werden im Hinblick auf Planung, Nutzung und Wirtschaftlichkeit bewertet. Typische Inhalte sind:

    – Erschließung (Verkehrsanbindung, Ver- und Entsorgung, Medien),

    – Topografie und Freiraumbezüge,

    – Boden- und Grundwasserverhältnisse, ggf. Bedarf weiterer Gutachten,

    – Immissionen (Lärm, Gerüche, Erschütterungen),

    – Restriktionen wie Denkmalschutz, Leitungsrechte, Natur- oder Wasserschutzgebiete.

    Die Standortanalyse zeigt, welche baulichen und planerischen Spielräume bestehen und welche Auflagen oder zusätzlichen Untersuchungen erforderlich sind.

  4. Budget- und Machbarkeitsrahmen

    Parallel zur inhaltlichen und räumlichen Klärung erfolgt die Abstimmung der finanziellen Möglichkeiten. Dazu gehören:

    – Definition eines Investitionsrahmens,

    – Ableitung eines ersten, groben Kostenrahmens,

    – Überprüfung der Plausibilität von Zielvorstellungen im Verhältnis zu Budget, Qualität und Flächenbedarf.

    Diese Betrachtung bildet die Grundlage für erste Machbarkeitsabschätzungen und ermöglicht eine realistische Einordnung von Projektzielen.

  5. Nachhaltigkeits- und Energieaspekte

    Bereits in der Grundlagenermittlung werden Nachhaltigkeitsziele und Energieanforderungen berücksichtigt. Dazu zählen insbesondere:

    – angestrebte Energie- und Effizienzstandards,

    – mögliche Förderfähigkeit (z. B. energieeffiziente Gebäude, erneuerbare Energien),

    – Anforderungen an Betrieb, Wartung und Instandhaltung,

    – Betrachtung von CO₂-Bilanz und Lebenszykluskosten (LCC).

    Eine frühzeitige Integration dieser Themen erleichtert spätere Entscheidungen und unterstützt eine zukunftsfähige und ressourcenschonende Planung.


Ergebnis und Schnittstellen

Ergebnis der Grundlagenermittlung ist ein strukturierter Grundlagenbericht, beispielsweise in Form eines Vorab-Bedarfs- und Randbedingungenpapiers. Typische Inhalte sind:

– Zielsystem des Projekts,

– klare Trennung von Muss- und Kann-Anforderungen,

– Liste relevanter Restriktionen und Risiken,

– Termin- und Kostenrahmen auf Grob-Ebene,

– Empfehlungen für das weitere Vorgehen (z. B. Bedarfsplanung, Gutachten, Vertiefungsstudien).

Gleichzeitig werden die Schnittstellen zur Bedarfsplanung nach DIN 18205 und zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beschrieben, insbesondere im Bereich der vor- bzw. frühphasigen Leistungen (Leistungsphase 1). Die Dokumente dienen als Planungssoll und Referenz für alle nachfolgenden Planungsschritte.


Fazit

Eine umfassende und sorgfältige Grundlagenermittlung ist entscheidend für einen bedarfsgerechten, funktionalen, wirtschaftlichen und nachhaltigen Entwurf.

Sie schafft Klarheit über Ziele, Rahmenbedingungen und Risiken, verbessert die Entscheidungsqualität in frühen Projektphasen und reduziert Planungsänderungen, Nachträge und Projektrisiken in den folgenden Leistungsphasen deutlich.