Raumbuch im Denkmalschutz

Ein Raumbuch im Denkmalschutz ist ein zentrales Instrument zur Bestandsdokumentation historischer Gebäude. Es beschreibt die einzelnen Räume systematisch, ordnet ihnen die relevanten Bauteile, Oberflächen, Schäden, Nutzungen und Maßnahmen zu und verknüpft diese Informationen mit Plänen, Fotos und Messdaten. In der Denkmalpflege wird das Raumbuch zunehmend als Standardwerkzeug genutzt, um den Ist-Zustand belastbar zu erfassen und künftige Planungs- und Instandsetzungsschritte nachvollziehbar zu dokumentieren. Leitfäden und Mustervorlagen – etwa von Denkmalämtern und Landesdenkmalpflegeeinrichtungen – unterstreichen diesen Ansatz.  

Im Kontext von Bestandsdokumentation, 3D-Laseraufmaß und denkmalgerechter Planung bildet das Raumbuch die textliche und strukturierende Ergänzung zu Zeichnungen, Punktwolken und BIM-Modellen. Es verbindet geometrische Daten mit material- und schadensbezogenen Informationen und schafft damit eine gemeinsame Grundlage für Denkmalpflege, Fachplanung, Bauausführung, Energieberatung und Wertermittlung.


Aufgaben und Nutzen eines Raumbuchs im Denkmalbereich

Das Raumbuch dient der systematischen Erfassung des Gebäudebestands auf Raumebene. Typische Inhalte sind:

  • Zuordnung von Gebäude, Gebäudeteil, Geschoss und Raum (Nummer, Bezeichnung, Nutzung)

  • Beschreibung der Bauteile (Wände, Decken, Böden, Fenster, Türen, Einbauten, Decken- und Wandfassungen)

  • Erfassung von Oberflächen, Materialien, Aufbauten und ggf. Schichtenfolgen

  • Dokumentation von Schäden, Verformungen, Feuchtebelastungen und Vorumbauten

  • Verweise auf Fotos, Details, Messdaten (z. B. Feuchte, Temperatur, Luftqualität) und Pläne

  • Eintrag geplanter oder denkbarer Maßnahmen (Instandsetzung, Restaurierung, Umnutzung, energetische Verbesserung)


Im Denkmalschutz ermöglicht ein gut aufgebautes Raumbuch:

  • eine transparente Grundlage für Abstimmungen mit Denkmalbehörden, Restauratorinnen und Restauratoren sowie Fachplanenden

  • eine nachvollziehbare Dokumentation von Eingriffen – vor, während und nach Maßnahmen

  • die Verknüpfung von Bauschadensanalyse, Bauphysik, Energieberatung und Wertermittlung mit der konkreten räumlichen Struktur

  • die langfristige Archivierung der Bau- und Nutzungsgeschichte, die für spätere Maßnahmen wieder nutzbar ist

Denkmalämter und Fachbehörden stellen hierfür teils eigene Raumbuchmuster und Leitfäden bereit, in denen Aufbau, Mindestinhalte und Dokumentationsstandards beschrieben sind.  


Verknüpfung mit digitaler Bauaufnahme, 3D-Laserscan und BIM

In der praktischen Arbeit wird das Raumbuch nicht isoliert geführt, sondern mit digitalen Bauaufnahmen verknüpft. Durch die Weiterbildungen im Rahmen von QualiBene (Fraunhofer-Zentrum Benediktbeuern) und insbesondere der „Masterclass Denkmal: Digitale Bauerfassung“ liegt ein besonderer Schwerpunkt auf verlässlichen Bestandsunterlagen als Grundlage aller Maßnahmen im Bestand.  


Die digitale Bauaufnahme umfasst unter anderem:

  • 3D-Laserscanning mit Geräten wie Leica BLK360 zur Erstellung hochauflösender Punktwolken

  • Tachymetrische Vermessung (z. B. Leica iCON iCS 50) für lage- und höhenmäßige Fixierung

  • Structure-from-Motion (SfM) und Fotogrammetrie als Ergänzung oder Alternativverfahren

  • Integration der Messdaten in CAD- und BIM-Modelle (z. B. Archicad mit BIMmTool)


Das Raumbuch knüpft an diese Daten an, indem beispielsweise:

  • Raumgrenzen und Raum-IDs über Pläne und Punktwolken definiert werden,

  • raumbezogene Informationen (Bauteile, Schäden, Messwerte) mit den digitalen Modellen verknüpft werden,

  • Fotodokumentation, Orthofotos und Detailaufnahmen den Einträgen im Raumbuch zugeordnet werden.

Die Masterclass „Digitale Bauerfassung“ betont, dass digitale Erfassungstechnologien – von einfachen Bildmethoden bis zum terrestrischen Laserscanning – heute im Umgang mit historischen Bauwerken nahezu unverzichtbar sind; das Raumbuch bildet hierbei die textliche und strukturelle Klammer über diese Daten.  


Fachlicher Hintergrund und Qualifikation

Die Erstellung eines Raumbuchs im Denkmalschutz setzt Kenntnisse in Bauaufnahme, Dokumentation, Materialkunde und Denkmalpflege voraus. Mehrere Fortbildungsreihen bilden hierfür den fachlichen Hintergrund:

  • QualiBene – Fachplanung nachhaltige Instandsetzung historischer Bausubstanz (Fraunhofer-Zentrum Benediktbeuern):

    Dieses Weiterbildungsangebot vermittelt Fachwissen über schützenswerte Bausubstanz, typische Schäden, Klimawandel und Nachhaltigkeit sowie Inhalte zu Bestandserfassung und Dokumentation. Ziel ist, maßgeschneiderte, nachhaltige Lösungen für historische Gebäude zu entwickeln.  

  • QualiBene – Masterclass Denkmal: Digitale Bauerfassung:

    Die Masterclass vermittelt ein umfassendes Grundwissen zur Anwendung digitaler Erfassungsmethoden, von einfachen Aufnahmetechniken bis zum terrestrischen Laserscanning und zur Fotogrammetrie, und stellt klar die Bedeutung verlässlicher Bestandsunterlagen für Maßnahmen im Bestand heraus.  

  • Propstei Johannesberg gGmbH, Fulda – Fortbildung in Denkmalpflege und Altbauerneuerung:

    In der Fortbildungsreihe „Architekt/in, Planer/in in der Denkmalpflege“ sowie spezialisierten Seminaren zur Bauaufnahme, Voruntersuchung, Dokumentation und Vorbereitung denkmalpflegerischer Maßnahmen werden Grundlagen, Ziele und Vorgehensweisen von Bauuntersuchungen, Orientierungssystemen (Raum, Konstruktion, Numerik) und Dokumentation im Denkmalbestand vermittelt.  

Diese Qualifikationen unterstützen eine methodische, normorientierte und denkmalspezifische Vorgehensweise bei der Raumbucherstellung und der Verknüpfung mit Mess-, Plan- und Gutachtendaten.


Aufbau und Inhalte eines denkmalgerechten Raumbuchs

Der konkrete Aufbau eines Raumbuchs richtet sich nach Gebäude, Aufgabenstellung und den Anforderungen von Denkmalbehörden oder Fördergebern. In der Praxis haben sich u. a. folgende Struktur- und Inhaltselemente bewährt:

  • Kopfbereich je Raumbuchseite mit Angaben zu Gebäude, Bauteil, Geschoss, Raumbezeichnung, Raumnummer und Nutzung  

  • Textliche Beschreibung des Raumes (Raumgefüge, Konstruktionen, historische Einbauten, Besonderheiten)

  • Bauteilbezogene Abschnitte (z. B. Boden, Wände, Decke, Fenster, Türen, Ausstattung), jeweils mit Material, Aufbau und Oberflächenbeschreibung

  • Schadensrubriken für Risse, Feuchte, Abplatzungen, Verformungen, biologische Schäden, Überformungen und frühere Eingriffe

  • Hinweise auf Befunde und Messungen (Feuchtemessungen, Raumklimadaten, thermografische Aufnahmen, Luftqualitätsmessungen)

  • Verweise auf Pläne und Fotos (Grundriss, Schnitt, Ansicht, Detailfotos, Orthofotos, Makroaufnahmen)

  • Vorschläge oder Platzhalter für Maßnahmen, abgestimmt mit Denkmalpflege, Fachplanung und ggf. Wertermittlung

Im Denkmalbereich ist das Raumbuch damit nicht nur eine Zustandsbeschreibung, sondern ein Arbeitsinstrument, in dem sich die Entwicklung des Gebäudes und der Maßnahmen über die Zeit abbilden lässt. Veränderungen an der Substanz, neue Befunde und ergänzende Untersuchungen können schrittweise eingepflegt werden, sodass das Raumbuch eine fortschreibbare Dokumentation bildet.


Einbindung von Mess- und Analyseverfahren

Ein denkmalbezogenes Raumbuch profitiert von der Einbindung moderner Mess- und Analyseverfahren, die raumbezogen dokumentiert werden:

  • 3D-Laserscan-Daten (Punktwolken, Schnitte, Ansichten) zur verformungsgerechten Geometrie

  • Thermografie zur Darstellung von Wärmebrücken, Feuchtezonen und energetischen Schwachstellen

  • Feuchtemessungen mit unterschiedlichen Verfahren (z. B. Widerstand, Kugelkopf, Mikrowelle, CM)

  • Bohrwiderstandsmessungen und Holzfeuchtemessungen insbesondere bei historischen Holztragwerken

  • Messungen der Raumluftqualität (z. B. CO₂, VOC, relative Luftfeuchte, Temperatur) zur Beurteilung von Raumklima und Lüftungssituation

  • ggf. optische Bauforensik mit Speziallampen, Filtern und Forensikkameras zur Sichtbarmachung verdeckter Schäden oder Übermalungen

Die Messergebnisse können im Raumbuch raum- und bauteilbezogen abgelegt und mit Fotos sowie Plandaten verknüpft werden. Dadurch wird die Schadensanalyse nachvollziehbar und anschlussfähig für Gutachten, Energieberatung, Instandsetzungskonzepte und Verkehrswertgutachten.


Raumbuch als Schnittstelle zu Planung, Instandsetzung und Wertermittlung

Im Denkmalbereich verbindet das Raumbuch mehrere Ebenen:

  • Denkmalpflege: Übersicht über historische Ausstattung, schützenswerte Bauteile und Eingriffssensibilität

  • Planung: Grundlage für Entwurf, Detailplanung, Leistungsverzeichnisse und Ausschreibungen

  • Instandsetzung: Zuordnung von Maßnahmen zu konkreten Räumen, Bauteilen und Schadensbildern

  • Energieberatung: Raumbezogene Kopplung von Bauteilen, Dämmstandards, Wärmebildern und Lüftungskonzepten

  • Wertermittlung: Nachvollziehbare Dokumentation des baulichen Erhaltungszustands als Grundlage für die Bewertung von Denkmalimmobilien

In Kombination mit 3D-Laserscan, Bestandsplänen, BIM-Modellen und Gutachten entsteht so ein integriertes Arbeitsinstrument, das die besonderen Anforderungen historischer Gebäude im Denkmalbereich strukturiert abbildet und für zukünftige Generationen nutzbar macht.